Fernsehberichte haben in letzter Zeit versucht, die Aufmerksamkeit auf Chipkartenbetrüger zu lenken. Mit einem Chipkartengerät, das schreiben und lesen kann, ist es demnach angeblich möglich, Krankenkassenkarten und ähnliches zu kopieren.

Diese Information ist soweit richtig. Denn mit einem handelsüblichen Gerät, das für unter 300 Mark zu erwerben ist, kann inzwischen durchaus eine Krankenkassenkarte ausgelesen, kopiert und auf einer Blanko-Karte gespeichert werden. Es wird jedoch relativ schnell deutlich, wie unspektakulär es eigentlich für den deutschen Zuschauer ist, zu wissen, dass man Krankenkassenkarten kopieren kann. Um das Thema ein wenig interessanter zu machen, gehen einige Fernsehberichte daher noch einen Schritt weiter und behaupten neuerdings, dieselbe Methode mache es auch möglich, Telefonkarten zu kopieren. Dies ist aber nur teilweise richtig. Der Code auf einer Telefonkarte ist zunächst einmal geschützt, so dass eine Kopie nicht direkt möglich ist. Dennoch schaffen es einige Hacker, diese Zeichen auszulesen. Doch damit ist es noch lange nicht getan.

Hält man eine Telefonkarte schräg gegen das Licht, kann man meistens am Rande eine kaum lesbare Seriennummer erkennen. Jede Telefonkarte hat eine solche Seriennummer, die zusätzlich auf dem Chip gespeichert ist. Diese wird von der Telefonzelle, von der aus die Telefonkarte benutzt wird, an die Zentralstelle der Telefongesellschaft gesendet. Würde man eine Karte mit einer gefälschten Seriennummer benutzen, würde der Computer diese Karte durch eine Echtzeit-Überprüfung erkennen.

Mittels sogenannter „Simulatoren“, versuchten Telefonkartenbetrüger in letzter Zeit Chips zu entwickeln, die das Kartentelefon glauben lassen, es handele sich um eine Originalkarte. Nach den ersten Fällen wandte sich die Telekom mit diesem Problem an die Polizei, und mit dem nötigen Equipment entwickelten sie eine Methode, um auch in solchen Fällen schnell herauszufinden, in welcher Telefonzelle eine gefälschte Telefonkarte eingesetzt wird.

In Berlin wurden vor einigen Jahren bei einem Großeinsatz der Polizei 191 Menschen wegen Betrugs mit Telefonkarten festgenommen. Seit den Anfängen des Telefonkartenbetrugs um 1995 häufen sich derartige Verhaftungen. Dies zeigt, dass auch andere organisierte Gruppen außerhalb der Scene mit Telefonkartenbetrug nicht sehr weit kommen.

Berühmt für seine außergewöhnlichen Fähigkeiten auf dem Gebiet der Chipkartentelefone und deren Verschlüsselung war der deutsche Hacker Boris Floricic, bekannt unter dem Pseudonym Tron. Eines Abends wurde er von der Polizei festgenommen, als er gemeinsam mit einem Freund einen Apparat in einer Telefonzelle demolierte, in der Hoffnung das Geheimnis des Telefonkartenchips darin zu finden. Tron hatte in diesem Bereich für viel Furore gesorgt und galt als der einzige deutsche Hacker, der es geschafft hatte, mit einer selbstgefertigten Karte unbemerkt zu telefonieren. Sein mysteriöser Tod im Jahre 1998 hat darüberhinaus viel Anlass zu Spekulationen gegeben.

Bislang ist in der Scene nicht bekannt geworden, dass ein Phreaker mit einer Telefonkarte dauerhaft kostenfrei telefonieren konnte ohne entdeckt zu werden. Doch um solche langfristigen Lösungen ging es der Scene aber im Grunde auch nicht. Wie im Tausch mit Schwarzkopien, geht es auch hier um das Austricksen von Technologien. Es geht um den Race mit den Ermittlungsbehörden, immer einen Schritt voraus zu sein und das Unmögliche möglich zu machen – das Geheimnis einer Technologie zu entlarven.


3. Der Phreaker

Das Prinzip des kostenfreien Telefonierens
Manipulieren der Telefonleitung: Blue Boxing
Gestohlene Nummern: Calling Cards
Telefonkartenbetrug


4. Die Szene und das Gesetz

Polizei, Gesetz und Gravenreuth
Agent Provocateur
Im Kreuzfeuer der Softwarefirmen
Das Strafverfahren