8. Dezember 2000

Süderlaender Tageblatt

Süderlaender Tageblatt

Insider-Buch-Tipp: Hackertales von Denis Moschitto und William Sen

Kostenlos telefonieren und Gespräche abhören, Tag und Nacht auf einer ekstatischen PC-Party feiern, andere Computersysteme mit Viren zerstören, mit illegal gebrannten CDs handeln: Denis. Moschitto und William Sen gehen in ihrem Buch „Hackertales“ auf einen abenteuerlichen Streifzug durch die digitale Welt.

Acht kleine Geschichten weihen den Computerlaien in die Szene ein und vermitteln einen Eindruck davon, was es heißt, dem Fieber der elektronischen Welt zu verfallen, teilweise ohne dabei auf Gesetze zu achten. „Geschichten von Freund und Feind“ mag der Insider-Bericht deshalb untertitelt sein.

Abenteuer digitale WeltThe Party“ nimmt den Leser mit nach Dänemark auf eine PC-Party, auf der 4000 Freaks in die digitale Welt eintauchen. Ein medizinischer Big Mäc gefällig? Das ist ein Burger, der aus zwei Aspirin und einer Koffein-Tablette gebildet wird. Scheinbar ziellos frönen die Freaks ihren Lüsten, während der Hauptdarsteller ständig auf der Suche nach seiner „Cleopatra“ ist, die er im Zug gesehen hat und ihr verfallen ist.

Das Verhör“ ist eine geschickt inszenierte Story über den Hacker Fabian, der schon mit zehn Jahren mühelos kopiergeschützte Programme knackte. Im einen Moment sehen wir Fabian im Verhör mit dem Staatsanwalt, im anderen tauchen wir ein in Fabians Erinnerungen. Dieses Wechselspiel stellt das unbekümmerte Handeln des Hackers unmittelbar den Gesetzen, dem Gewissen und der Moral gegenüber. So bekommt das Verhör einen tieferen Sinn.

Fabian ist ein Genie, fähig zu außergewöhnlichen Leistungen, ein Computer-Wissenschaftler, der über die Ausübung seiner Macht aber das Gefühl für richtig und falsch verliert. Wie einer der immer wieder missbrauchten Wissenschaftler in den JamesBond-Filmen.

Es ist ein schmaler Grat, der die Hacker vom Raum des Illegalen, von den gesetzlichen Instanzen, manchmal gar vom Knast trennt. „Tetris“ erzählt die Geschichte eines Freaks, dem sein PC wichtiger als eine Beziehung ist. In einer Szene schlägt er seine Freundin, weil sie den PC umgeworfen hat – und rettet die Festplatte. Sie verlässt ihn, weil sie seine illegalen Geschäfte nicht mehr dulden will. Nur noch einmal, 40000 illegal gebrannte CDs sollen angeliefert werden. Wenn das mal gutgeht…

Einer kleinen Schule der Hackerszene gleicht die Geschichte „Kimble„, die der Laie unter der Zuhilfenahme des Glossars am besten zu allererst lesen sollte.

Eine interessante Erzählweise nutzen die Autoren in „Busted„. Verschiedene Beteiligte erzählen nach und nach ihren Teil der Geschichte, so dass die Story aus unterschiedlichen Perspektiven gestrickt wird.

Moschitto und Sen sind immer dann am stärksten, wenn sie über ihre Szene schreiben und über Hauptpersonen, die ihren Alters sein könnten. Dann kommt auch die jugendliche, teilweise etwas nachlässige Szenesprache besser zur Geltung.

Sascha