Klimakleber in USA
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Klimakleber in USA

Reaktion der Amerikaner

Wenn in Amerika Menschen protestieren und dabei außergewöhnliche Methoden nutzen, etwa sich auf die Straße zu kleben, welche Reaktionen würde das auslösen? Da ich in Amerika lebe, kann ich ein recht klares Bild davon geben.

In diesem Artikel tauche ich amerikanische Mindset ein und erläutere, was in solch einer Situation passieren würde.

Je nachdem, in welcher Stadt sich solche Aktionen in den USA abspielen, können die Reaktionen stark variieren.
In San Diego, meiner Heimatstadt, würde die Polizei recht zügig am Ort des Geschehens erscheinen. Die Cops hier, von denen ich aus persönlichen Erfahrungen sagen kann, dass sie in meinem Viertel La Mesa etwa 65 sind, würden sich zunächst die Lage vor Ort anschauen. Typisch für hier ist der sogenannte „SitRep“ – eine Situationsberichterstattung. Dabei wird versucht, erstmal Klarheit über die Situation zu bekommen. Bevor sie also irgendetwas tun, würden sie die „Kleber“ und eventuell auch andere Beteiligte oder Zeugen fragen: „Was ist passiert?“.
Wenn die Protestierenden höflich und respektvoll mit den Beamten umgehen, besteht eine gute Chance, dass sie nicht sofort verhaftet werden.

Schaut man sich hingegen Baltimore an, könnte die Lage gänzlich anders sein. Die Stadt gilt aktuell als eine der gefährlichsten der Welt und ist berüchtigt für ihre gewalttätigen und korrupten Beamten. Würden Menschen sich hier auf die Straße kleben, könnte die Reaktion der Polizei durchaus heftig ausfallen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Beamten schnell und ohne Rücksicht auf die individuellen Umstände eingreifen, eventuell sogar Verletzungen in Kauf nehmend. Gegenüber aufmüpfigen oder lautstarken Protestierenden könnten die Cops sogar mit zusätzlicher Härte und Ausrüstung vorgehen. Und es ist nicht auszuschließen, dass sie versuchen könnten, den „Klebern“ zusätzliche Delikte anzuhängen.
In der Realität jedoch ist es fraglich, ob sich überhaupt jemand in Baltimore trauen würde, eine solche Aktion zu starten.

Die Herausforderungen des Protestierens in Amerika

Es ist interessant, wie unterschiedlich die Reaktionen auf dieselbe Protestaktion in verschiedenen amerikanischen Städten sein könnten. Es spiegelt die Diversität und Komplexität unseres Landes wider und zeigt, dass Amerika nicht nur aus einem einzigen Mindset besteht.
Protestaktionen können in den USA von Stadt zu Stadt stark variieren. Während manche Städte wie San Diego eher entspannt reagieren, können andere Städte wie Baltimore eine völlig andere Haltung einnehmen.

In San Diego gehen die Cops oft mit einer gewissen Kulanz vor. Wenn man als Klimakleber auf der Straße liegt, würden die Cops zunächst sagen: „Räumen Sie die Straße oder wir müssen sie verhaften“. Diese Art von Verständnis ist hier bei kleineren Verstößen durchaus üblich, insbesondere wenn man sich respektvoll gegenüber den Ordnungshütern verhält. Es ist eine Art ungeschriebene Regel: Zeig Respekt, und du bekommst eine Chance.

Doch es gibt Grenzen. Sagst man dem Cops zum Beispiel, dass man nicht von der Straße weggehen kann, weil die Hand festkleben, könnten sie entgegnen: „Das ist nicht mein Problem“. Das beschreibt die Mentalität ziemlich gut. Obwohl sie zunächst verständnisvoll sein könnten, werden sie am Ende ihre Pflicht erfüllen und die Person verhaften, weil sie nicht kooperiert. Die Umstände, die man dabei selbst zu verantworten hat, interessiert in den meisten Fällen die Ordnungshüter nicht. Hier in den USA gilt auch oft die Meinung, dass du Probleme, die dir selbst zuzuschreiben sind, auch selbst zu lösen hast.

Konsequenzen an Klimakleber in den USA

Würde man also verhaftet werden, würde in der Regel nach der Verhaftung ein Krankenwagen anrücken, um die Klimakleber von der Straße zu lösen. Danach geht es direkt ins Gefängnis. Hierbei handelt es sich um einen „Misdemeanor“ – also um eine Art Ordnungswidrigkeit (eine genaue Übersetzung gibt es im deutschen nicht — auch nicht Vergehen o.ä.) und keine schwere Straftat. Trotzdem kommt es, besonders wenn man den Anweisungen der Cops nicht folgt, schnell zu einer Verhaftung kommen, auch wenn der Protest friedlich war.

Sobald man verhaftet wird, wird man innerhalb von 12 Stunden einem Haftrichter vorgeführt. Die Kaution, die festgelegt wird, kann zwischen einigen hundert bis zu einigen tausend Dollar liegen, abhängig von der Vorgeschichte des Täters.
Ein Gerichtstermin und wahrscheinlich die Anstellung eines Anwalts sind die nächsten Schritte. Die Anwaltskosten in San Diego sind bei solchen kleinen Fällen vergleichsweise gering und würde eher bei 15.000 und 30.000 Dollar liegen, wenn man vergleich, dass in der Regel Anwaltskosten hier mehrere Millionen Dollar kosten können.

Vor Gericht wird dann entschieden, ob und wie hoch die Strafe ausfällt. Bei einer Blockade kann diese bei rund 1.000 Dollar liegen. Mit einem guten Anwalt und einem verständnisvollen Richter kann diese Strafe jedoch auch fallen gelassen oder in gemeinnützige Arbeit umgewandelt werden.

Protestieren in Amerika hat viele Facetten. Es ist ein Balanceakt zwischen deinem Recht auf Meinungsfreiheit und den Gesetzen und Regularien der jeweiligen Stadt. Wenn man jemals einen Krankenwagen in den USA benötigt hat, weiß man, dass die Kosten hierfür immens sein können. Der Preis für einen solchen Einsatz beginnt bei rund 1.800 Dollar und kann bis zu 5.000 Dollar und mehr erreichen. Bei illegalen Aktionen übernimmt die Krankenversicherung die Kosten nicht. Dies ist die gängige Policy bei den meisten Krankenversicherungen in Amerika.

Strafregister in den USA: Ein lebenslanger Schatten

Ein Eintrag im Strafregister kann in den USA schwerwiegende Folgen haben. Dabei ist es unerheblich, ob die Verhaftung aufgrund eines schweren Vergehens oder einer Lappalie erfolgte – der Eintrag bleibt. Und da es sich um öffentliche Daten handelt, kann jeder, von deinem Nachbarn bis zu potenziellen Arbeitgebern, darauf zugreifen. Insbesondere für die Karriere kann so ein Eintrag verheerend sein und zukünftige Chancen erheblich einschränken.

Anders als in manchen anderen Ländern werden Strafregister-Einträge in den USA nicht automatisch gelöscht. Sie werden in der sogenannten Criminal Justice Database gespeichert. Auch wenn jeder Staat eigene Richtlinien hat, werden diese Einträge generell unbefristet aufbewahrt. Wenn man solch einen Eintrag loswerden möchte ist in Amerika Eigeninitiative gefragt – und das kann kompliziert und teuer werden.

Um einen Eintrag löschen – oder genauer gesagt – versiegeln zu lassen, benötigt man einen Anwalt. Und Anwälte sind in den USA nicht günstig. Für eine vermeintlich kleine Sache kann dies Kosten zwischen 10.000 und 20.000 Dollar bedeuten. In San Diego beispielsweise findet man kaum Anwälte, die für unter 5.000 Dollar arbeiten. Ich kann aus eigener Erfahrung bestätigen, wie herausfordernd es ist, für unter 5000 Dollar einen Anwalt zu finden.

Zudem kommt, dass ein versiegelter Eintrag nicht gleichzusetzen ist mit „gelöscht“. Er wird lediglich für die Öffentlichkeit unsichtbar gemacht. Behörden, sei es die Polizei oder Einwanderungsbehörden, sehen, dass dort ein versiegelter Eintrag vorhanden ist, auch wenn sie auf den genauen Inhalt nicht zugreifen können. Entsprechend erfolgt dann eine Rückfrage bei der Person, warum ein versiegelter Eintrag im Register vorhanden ist, und worum es ging. Unter bestimmten Umständen kann ein versiegeltes Register bei rechtlichen Verfahren dann sogar mit einem richterlichen Beschluss wieder geöffnet werden. Gelöscht wird somit ein Eintrag im Polizeiregister in den USA nie.

Das Recht auf friedlichen Protest in den USA

In den USA gewährt der erste Zusatzartikel zur Verfassung jedem Bürger das Recht auf friedlichen Protest. Das beinhaltet auch das Recht, auf öffentlichen Straßen zu demonstrieren. Doch dieses Recht ist nicht unumstritten und seine Auslegung hängt stark von der jeweiligen Situation ab. In Städten wie San Diego beispielsweise müssen Demonstranten im Vorfeld eine Genehmigung von den städtischen Behörden einholen, wenn sie eine Straße oder Kreuzung im Rahmen ihrer Protestaktion blockieren möchten.

Auch wenn das „Kleben“ auf der Straße als Protestmittel nicht explizit legal ist, könnte es in bestimmten Situationen zu einem Freispruch für den Demonstranten kommen. Aber selbst bei einem Freispruch wären die Konsequenzen spürbar: Der Protestierende Klimakleber müsste in jedem Fall für die Kosten des eigenen Anwalts und des Krankenwageneinsatzes aufkommen. Und ein Eintrag im Strafregister bleibt bestehen, wie bereits erläutert.
Sollte sich der Klimakleber entscheiden, erneut auf diese Art zu protestieren oder mit anderen Taten auffällig werden, könnte er als Wiederholungstäter eingestuft werden, was wesentlich strengere Strafen nach sich ziehen kann.

Aber hier enden die potenziellen Konsequenzen nicht. Ein oft unterschätztes Risiko sind Schadenersatzklagen durch private Personen. Wenn jemand beispielsweise wegen der Blockade einen wichtigen geschäftlichen Termin verpasst und dadurch finanzielle Einbußen erleidet, könnte dieser den Klimakleber oder die Organisation dahinter verklagen. Diese Klagen könnten astronomische Anwaltskosten mit sich bringen, oft in Höhe von mehreren hunderttausend Dollar. Die Schadenersatzklagen betragen in den USA meist mehrere Millionen US-Dollar.

In den USA, wo viele Menschen dazu neigen, jede Chance für eine Klage zu nutzen, stellen solche Kosten das eigentliche Risiko solcher Aktionen dar. Diejenigen, die vielleicht persönlich gegen den Protest eingestellt sind oder einfach finanziellen Gewinn wittern, könnten die Klimakleber und die Organisation dahinter mit einer Klage in Millionenhöhe somit konfrontieren. Ein solcher Rechtsstreit kann nicht nur enorm teuer werden, sondern auch die gesamte finanzielle Zukunft und Karriere des Betroffenen nachhaltig beeinträchtigen.

Eines der größten Risiken, wenn man in Amerika auf der Straße protestierst sind andere Menschen.
Stell dir vor, in Deutschland gibt es bereits eine Vielzahl an Menschen mit unvorhersehbaren Reaktionen. In Amerika kannst du diese Anzahl locker verzehnfachen. Ein Beispiel: Ein Mann namens John Doe fährt in seinem Pickup-Truck. Seine Frau hat ihn verlassen, seine Kindheit war von Misshandlungen geprägt, er hat seinen Job verloren und ist nun auf dem Weg zum Gericht, um wegen Schmuggelvorwürfen angeklagt zu werden. Er ist bereits spät dran, hat kein Verständnis für den Klimaschutz und sieht plötzlich vor sich jemanden, der auf der Straße festgeklebt ist.

Es wäre nicht unvorstellbar, dass er in dieser Situation durchdreht – mit nur einem Tritt aufs Gaspedal könnte das katastrophale Folgen haben. Es gibt sogar Szenarien, in denen genervte Autofahrer aussteigen, Protestierende angreifen und danach fliehen, ohne dass jemand „etwas gesehen“ hat. Der Gebraucht von Schusswaffen in Amerika ist keine Seltenheit während aggressiven Auseinandersetzungen im Straßenverkehr. Die Mentalität ist in den USA einfach anders. In den meisten Fällen jedoch würden Amerikaner einfach anhalten und warten.

Klimaaktionen in den USA insgesamt

Unter „Klimaaktion“ oder „Klima-Aktivist“ versteh der Amerikaner etwas anderes, als in Deutschland. Ich habe selbst miterlebt, wie Klimaaktionen hier aussehen können. Zum Beispiel haben wir uns einen halben Tag genommen, um Strände zu säubern. Es gibt auch viele Projekte, bei denen Freiwillige in Nationalparks helfen: Man gießt Pflanzen, räumt auf und baut Infrastrukturen für Pflanzen und Bäume und Natur insgesamt auf.

Einige bekannte Klimaaktionen von Freiwilligenorganisationen bestehen darin, recyceltes Material zu nutzen, um Spielzeug wie Teddybären oder Delfin-Puppen herzustellen. Diese Spielzeuge sehen genauso aus wie die, die man im Laden kauft, und werden oft an Kinderheime in Entwicklungsregionen verschickt. Zahlreiche Internetunternehmen engagieren sich ebenfalls und erstellen beispielsweise kostenlose Websites für Hilfsorganisationen.

In Amerika würde man sich auf die Straße zu kleben nicht unbedingt als Klimaaktion bezeichnen. Es geht hier nicht um die Richtigkeit des Ausdrucks, sondern um die Wahrnehmung. Straßen zu blockieren wird aus dem amerikanischen Blickwinkel oft als destruktiv oder gar aggressiv betrachtet. Für viele Amerikaner könnten solche Aktionen wie Aggressionen oder sogar Mikroaggressionen erscheinen.

Amerikanischen Protestkultur

In den USA sind Proteste weit verbreitet. Während meiner Zeit in San Diego habe ich zahlreiche solcher Demonstrationen beobachtet. Die meisten dieser Proteste sind genehmigt, wobei die Demonstranten friedlich mit ihren Plakaten durch die Straßen marschieren.

Die Vorstellung, dass in den USA die meisten Proteste in Gewalt eskalieren, ist ein weit verbreitetes Missverständnis. Dies liegt vor allem daran, dass in den Medien vorwiegend über die gewalttätigen Auseinandersetzungen berichtet wird. Tatsächlich sehe ich regelmäßig friedliche Demonstrationen, aber diese werden selten in Social Media oder im Fernsehen gezeigt.

Meine persönliche Meinung zu Klimaklebern

Da ich nun viel über das Thema gesprochen habe, möchte ich auch meine persönliche Meinung dazu teilen. Ich schätze konstruktive Aktionen.

Besonders Aktionen, die Menschen positiv motivieren, haben für mich einen hohen Stellenwert. Ich glaube, dass jeder die Freiheit haben sollte, an einer Aktion vorbeizugehen, ohne davon direkt betroffen oder beeinflusst zu werden. Das ist der Preis, den wir für die Freiheit zahlen – und genau das macht es zur Herausforderung, eine Gesellschaft mit kreativen Aktionen zu erreichen.

Einfach laut zu sein und Aufmerksamkeit durch Störungen zu erzeugen, ist vergleichsweise einfach – es erinnert an das Verhalten eines schreienden Kindes, weil es Eiskreme haben möchte. Und wie bei vielen Dingen im Leben, die sehr einfach erscheinen: Oft führen nicht zum gewünschten Resultat. Das ist zumindest meine Meinung dazu.

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