Freundschaften in Amerika
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Freundschaften in Amerika

Freunde in den USA: Ein kultureller Perspektivwechsel

Freundschaften zu schließen, gilt als eine der größten Herausforderungen für Auswanderer. Als ich in Amerika ankam, stand ich vor genau diesem Problem. Ohne Familie, Freunde oder Bekannte musste ich bei Null anfangen. Aber wie sieht es jetzt aus? Habe ich in Amerika Freunde gefunden?

Die Realität ist ernüchternd. Tiefgehende Freundschaften in Amerika zu knüpfen, ist weitaus schwieriger, als man sich vorstellen mag. Dies führe ich auf die amerikanische Kultur zurück, die ich als sehr selbstzentriert empfinde. Sie scheint wenig Rücksicht auf das Wohlergehen anderer zu nehmen.

Kulturschock USA

Die amerikanische Kultur unterscheidet sich stark von der deutschen oder europäischen Kultur. Für Neuankömmlinge bedeutet das oft einen Kulturschock. Daher ist es nicht ungewöhnlich, dass viele Deutsche zunächst im eigenen Kulturkreis nach Kontakten suchen. Dieses Phänomen ist weltweit bekannt.
In Städten wie San Diego, die eine große deutsche Einwanderergemeinschaft haben, habe ich anfangs viele Deutsche getroffen und Freundschaften geschlossen. Ich besuchte deutsche Stammtische und Netzwerktreffen, die ich über soziale Plattformen wie Facebook, Meetup und Google fand.
Jedoch endeten viele dieser Freundschaften enttäuschend. Einige der Deutschen, die ich hier traf, schienen mir, als hätten sie den Bezug zur Realität verloren.
Das lässt sich meiner Meinung nach so erklären:
In Deutschland, umgeben von Millionen Deutschen, sucht man sich Freunde aus, die zu einem passen. Die Auswahl ist groß, man kann also wählerisch sein. Aber zu wählerisch sollte man auch nicht sein. Ich beispielsweise lebe nach der Philosophie „Wer einen Freund ohne Fehler sucht, bleibt ohne Freund“. Doch folgende Erfahrung ist trotzdem unvermeidbar:
In einem fremden Land, wo es fast keine Deutschen gibt, wird die Auswahl an Freunden zwangsläufig eingeschränkt. Das ist in Amerika auch nicht anders. Trifft man auf einen Deutschen, neigt man dazu, sich an dieser Person festzuhalten, und beobachtet oft, dass das Gegenüber das Gleiche tut. Dies ist verständlich, da Menschen, die in einem fremden Land in einer Minderheit eine starke Tendenz zur Gruppenbildung haben. Die deutsche Identität wird in den USA stärker wahrgenommen, was zu einer intensiveren Verbundenheit untereinander führt. In einem Land wie Amerika braucht man außerdem ein Ventil, um auch mal über die kuriosen Dinge des Alltags zu sprechen.
Diese Situation führt jedoch zu einem Problem: Man neigt dazu, Freundschaften einzugehen, die man in Deutschland normalerweise nicht gewählt hätte. Viele der anfänglichen deutschen Freunde entpuppen sich letztendlich als nicht passend, und es bleibt nur eine kleine Auswahl übrig. Selbst bei diesen Freunden muss man sich Mühe geben, die Beziehung aufrechtzuerhalten.
Ein weiteres Phänomen sind die Deutschen, die ich als „Megalomanen“ bezeichne – Menschen, die in Deutschland schon geldgierig, größenwahnsinnig, egoistisch und selbstüberzeugt waren. Diese Personen glauben, dass Deutschland sie nicht weiterbringt und sie in Amerika, dem Land des Turbokapitalismus und Egoismus, besser aufgehoben sind. Angekommen in den USA, leben sie ihren karrierebesessenen Größenwahn voll aus, so sehr, dass selbst Amerikaner sie für verrückt halten. Diese Deutschen verhalten sich extrem und bizarr, und nach einer Weile möchte man nichts mehr mit ihnen zu tun haben.
Die Auswahl an potenziellen deutschen Freunden in Amerika ist also nicht nur begrenzt, sondern auch extrem herausfordernd. Trotz aller Schwierigkeiten habe ich einige gute deutsche Freunde in Amerika gefunden. Ich schätze Freundschaften sehr und gebe die Suche nach wahrhaftigen Verbindungen nie auf.

Meine amerikanischen Freunde

In meiner Erfahrung mit amerikanischen Freunden habe ich festgestellt, dass Selbstbezogenheit ein häufig anzutreffendes Merkmal ist. Viele Amerikaner scheinen nicht wirklich daran interessiert zu sein, wie es einem geht, was man macht und wer man ist.
Einige könnten meine Aussagen als verallgemeinernd oder stereotypisierend auffassen, doch sie stammen aus meinen persönlichen Erfahrungen. Zwar sehr selten, aber dennoch erhalte ich ab und zu Kommentare unter meinen Videos, in denen ich deswegen kritisiert werde. Ich finde diese Art von Kritik unangebracht und unpassend.
Es ist essenziell, dass Gesellschaften fähig sind, ihre eigenen Schwächen und Probleme zu erkennen. Konstruktive Selbstkritik ist entscheidend für die Weiterentwicklung einer Gesellschaft. Problematisch wird es jedoch, wenn fremde Kulturen kritisiert werden, ohne tiefe Erfahrungen oder Fachkenntnisse in diesem Bereich zu haben – solche Stereotypisierungen sind dann tatsächlich unangebracht meiner Meinung nach. Als Deutscher und Amerikaner finde ich es wichtig, in der Lage zu sein, beide Kulturen kritisch betrachten zu dürfen, zu denen ich gehöre.

Schockierendes aus meinem amerikanischen Freundeskreis

Ich möchte eine kontroverse und schockierende Geschichte aus meinem amerikanischen Freundeskreis teilen. Wir sind eine Gruppe von Freunden in San Diego, die seit fast 10 Jahren gemeinsam Geburtstage, Lagerfeuer und Abendessen feiert. Was ich nun erzähle, mag erschütternd klingen, ist aber ein alltägliches Verhalten hier.
Ein Freund aus dieser Gruppe, nennen wir ihn Alex, hat seinen 19-jährigen Sohn verloren. Nachdem ich davon erfahren hatte, rief ich Alex sofort an und bot an, uns zu treffen. Einen Tag nach der Beerdigung trafen wir uns in einem Café. Mein Ziel war nicht, ihn zu bemitleiden oder Klischees wie „Das Leben geht weiter“ zu nachzuplappern. Es gibt nichts, was man einem trauernden Vater sagen kann, was in solch einer Situation hilft. Mein Ziel war es, einfach für Alex da zu sein. An seiner Seite zu sitzen, ihm zuzuhören und einfach nur zu reden.
Wir sprachen natürlich über seinen Sohn. Ich versuchte nicht, die Dinge zu beschönigen oder wegzureden. Ich fragte nach seiner Frau, wie die Beerdigung war und ob er sich Gedanken darüber macht, wie das Leben weitergehen wird. Es war mir wichtig, ihm zu zeigen, dass ich für ihn da bin.
Im Café sprachen wir nicht nur über das Geschehene, sondern auch über alltägliche Dinge wie unsere Vorlieben für Donuts. Stundenlang saßen wir dort, und ich konnte immer wieder ein Lächeln in seinem Gesicht erkennen. Genau darum ging es – einfach für ihn da zu sein, ohne weitere Erwartungen. Ich versicherte ihm auch, dass ich jederzeit für ihn da bin, unabhängig von meiner Arbeit.
Erstaunlicherweise hat keiner meiner amerikanischen Freunde aus unserer Clique Alex in dieser schweren Zeit angerufen oder sich mit ihm getroffen. Dies war jedoch nicht mal das Schlüsselerlebnis, das mich am meisten betroffen hat.
Etwa eine Woche später spielten meine Freunde und ich Billard — ohne Alex. Einer der Freunde, ich nenne ihn mal „Douglas“, fragte mich nach Alex. Als ich anfing zu erzählen, wie ich mich mit Alex getroffen hatte, unterbrach Douglas mich plötzlich … ? Und applaudierte zu meiner Überraschung. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass er einen anderen Freund am Billardtisch anfeuerte.
Ich war irritiert und fragte mich, ob ich weitererzählen sollte. Douglas zeigte deutlich, dass es ihm gleichgültig war, wie es Alex ging. Er wollte wahrscheinlich nur hören, dass es Alex „gut“ geht, vielleicht nicht einmal das. Schließlich ging ich mit langsamen Schritten rückwärts und sah dann von der Ferne, wie Douglas weiterhin seinen Freund am Tisch anfeuerte.
Diese Begegnung mit Douglas lässt mich über das Verhalten einiger Amerikaner nachdenken. Douglas ist in dieser Hinsicht ein typischer Vertreter. Viele Amerikaner, die ich kenne, reagieren ähnlich. Sie zeigen wenig Interesse an den tieferen emotionalen Zuständen anderer Menschen.

Gleichgültigkeit der Amerikaner

In meiner amerikanischen Freundes-Clique haben wir einige schwierige Zeiten durchlebt, darunter Herz-OPs und Depressionen. Es war auffällig, dass diese ernsten Themen kaum Interesse weckten. Erst nach längerer Abwesenheit stellte jemand die Frage nach dem Verbleib einer betroffene Person.
Manchmal denke ich daran, als schwarzen Humor einfach mal zu antworten, dass Derjenige tot sei — ind er Hoffnung überhaupt eine Reaktion zu sehen.
In diesem Land scheinen sich viele Amerikaner hauptsächlich um ihre eigenen Belange zu kümmern, während das Leid und die Geschichten anderer Menschen oft ignoriert werden. Und das gilt eben sogar unter Freunden.
Das sind harte Worte, aber sie basieren auf meinen Erfahrungen. Natürlich kann jeder ganz andere Erfahrungen machen. Ich habe mittlerweile viele amerikanische Freunde, die ich als mehr als nur Bekannte oder Kumpels betrachte. Wir haben gemeinsam so viel erlebt, dass sie ein fester Bestandteil meines Lebens geworden sind. Mein Social Calendar“ ist voll von Aktivitäten mit ihnen und ich habe sehr viel Spaß hier. Doch Ich musste lernen, sie so zu akzeptieren, wie sie sind.

Wieso verhalten sich Amerikaner so?

Dieses Verhalten der Amerikaner ist wissenschaftlich dokumentiert und bestätigt. Es ist bekannt unter Phänomenen wie dem amerikanischen Defätismus oder dem „Bystander Effect“. Die Amerikaner zeigen oft eine Gleichgültigkeit gegenüber vielen Dingen und konzentrieren sich auf ihren eigenen Weg. Ein typisches Beispiel ist die Ignoranz gegenüber einer Person, die auf der Straße liegt, während andere einfach vorbeigehen, ohne nachzufragen, ob sie in Ordnung ist.
Diese Art der Unsensibilität und der Verlust der Empathie in der amerikanischen Gesellschaft geht zurück auf die 60er Jahre. Die politischen und sozialen Veränderungen, gespaltene Gruppen und unterschiedliche Meinungen führten zu großen sozialen Problemen und einem Gefühl der Enttäuschung, das in Gleichgültigkeit mündete. Zu den Faktoren zählen Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit, der Vietnamkrieg, die Bürgerrechtsbewegung, Drogen, Gegenkulturbewegungen und der Fall von Kennedy.
Auch Deutschland hat mit dem Zweiten Weltkrieg Traumata erlebt, die zu bestimmten Verhaltensweisen geführt haben, die in Amerika unbekannt sind. Diese Unterschiede in den gesellschaftlichen Entwicklungen sind ebenfalls Themen, die ich in meinem Kanal anspreche.

Die Schattenseiten der Auswanderung

Es gibt keinen perfekten Ort und keine perfekte Gesellschaft, genauso wenig wie es perfekte Freundschaften oder Beziehungen gibt. Die entscheidende Frage, die wir uns immer stellen müssen, lautet: Wie viel sind wir bereit zu tolerieren? Meine Erfahrung hat gezeigt, dass man seine eigenen Maßstäbe an die des Gastlandes anpassen muss, um in einem anderen Land glücklich zu sein. Das gilt meiner Meinung nach für alle Kulturen und Orte.
Ich denke jedoch, dass ‚Schattenseiten‘ zu düster klingt. Es sind eher Anstrengungen und Herausforderungen.
Es gibt viele fantastische Eigenschaften der Amerikaner, die ich liebe. Doch Heute habe ich einige Bereiche angesprochen, in denen Amerikaner noch daran arbeiten müssen.

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